AKTUELLE Presseaussendung des ÖZIV Tirol zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember

Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen möchte der ÖZIV Tirol auf deren vielfach schwierigen und herausfordernden Lebenssituationen in Zeiten der Corona-Krise aufmerksam machen. Auch die Umsetzung vieler wichtiger behindertenpolitischer Themen scheint durch den Virus gestoppt.

 

3. Dezember 2021 (Innsbruck) - Beinahe zwei Jahre dauert die Corona-Krise nun schon an. „In dieser Zeit sind Menschen mit Behinderungen auch in Tirol immer wieder besonders stark von den Ereignissen betroffen“, weiß Obmann Michael Knaus aus der täglichen Unterstützungsarbeit des ÖZIV Tirol zu berichten.


Besonders belastend sind immer noch die Erinnerungen an den Beginn der Pandemie, wo quasi über Nacht bestehende Pflege- und Betreuungsstrukturen teilweise zusammen gebrochen sind. Auch wenn sich die Situation stabilisiert hat und man gelernt hat mit der Krise zu leben, kommt es immer wieder Corona-bedingt zu Ausfällen bei Pflege- und Assistenzangeboten. Besonders betroffen sind hier oft auch Eltern von Kindern mit Behinderungen, wo neben Betreuungsaufgaben nun oft auch noch Homeschooling und Homeoffice unter einen Hut gebracht werden müssen.

Die wieder gestiegenen Infektionszahlen mit einer hohen Auslastung von Intensivstationen und Therapieeinrichtungen führen gerade auch bei Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen zu Ängsten. Nicht nur weil sie größtenteils zur vulnerablen Risikogruppe gehören, sondern auch befürchten müssen, dass akute dringende Behandlungen und Therapien aufgeschoben werden müssen, was gesundheitliche Probleme verschärfen und den weiteren Verlust von Selbständigkeit bedeuten kann.
„Eine neue Herausforderung sehen wir hier auch in der notwendigen Unterstützung von Personen, die an „Long-Covid“ leiden. Hier müssen ausreichende Therapieangebote zur Verfügung gestellt werden, um etwa auch eine drohende Berufsunfähigkeit verhindern zu können.“, ist ÖZIV Tirol Geschäftsleiter Hannes Lichtner wichtig zu erwähnen.
Mit der nun von der Regierung geplanten Impfpflicht ab Februar nächsten Jahres sieht der ÖZIV Tirol auch eine Möglichkeit und Chance verbunden, gerade auch jenen Teil der Bevölkerung mit hohem oder besonderem Risiko bei einer Covid-Erkrankung langfristig zu schützen. „Was jedoch bei der Ausgestaltung des Gesetzes nichtvergessen werden darf, ist die Situation jener Personen, für die auf Grund besonderer medizinischer Voraussetzungen eine Impfung von Fachärzten nicht empfohlen wird.
„Hier braucht es klare und transparente Regelungen in Abstimmung mit
wissenschaftlichen Ergebnissen und der Ärztekammer!"

Neben den vielen persönlichen Herausforderungen für Menschen mit Behinderungen möchte der ÖZIV Tirol aber auch auf den teilweisen politischen Stillstand bei vielen wichtigen behindertenpolitischen Themen als "Nebenwirkung" der Pandemie aufmerksam machen. Auch der ÖZIV Bundesverband hat in einer kürzlichen Aussendung auf viele politische Baustellen vor allem auch auf Bundesebene hingewiesen.
„Die Corona-Krise allein kann keine Ausrede sein, um nun nicht endlich auch viele wichtige Themen für mehr Teilhabe und Selbstbestimmtheit von Menschen mit Behinderungen anzugehen!“, drückt der ÖZIV Tirol auch seine Ungeduld aus.
So liegen etwa zur angekündigten und dringend notwendigen Reform des Pflegesystems im Rahmen der "Taskforce Pflege" immer noch keine konkreten neuen Ergebnisse und Umsetzungsschritte vor. Konkrete Strategien und Ressourcen für die Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems oder einheitliche Regelungen für eine bedarfsgerechte Finanzierung von persönlicher Assistenz gehören auch zu diesen wichtigen Themen.

Besonders hinweisen möchte der ÖZIV Tirol auch auf die dringende Forderung einer eigenen sozialrechtlichen Absicherung von Menschen mit Behinderungen, die in Beschäftigungsprojekten derzeit nur ein Taschengeld statt Lohn erhalten. Damit verbunden ist eine Abhängigkeit von erwachsenen Menschen mit Behinderungen von der lebenslangen Unterhaltsverpflichtung ihrer Eltern, was auch immer wieder Tiroler Familien betrifft. Der ÖZIV Tirol sieht „hier eine große Systemungerechtigkeit, die auch armutsgefährdend wirken kann,“ und hofft, „dass eine von Arbeitsminister Kocher angekündigte Lösung nun endlich im nächsten Jahr angegangen wird!“
Neben österreichweiten Lösungen braucht es aber natürlich auch dementsprechende Umsetzungen der Länder. Bezüglich des schon länger angekündigten "Tiroler Aktionsplan Behinderung" ist auch hier die Erwartung des ÖZIV, „dass dieser nun endlich 2022 in die konkrete Diskussion und Umsetzung kommt!“

Bezüglich der auch großen psychischen Belastungen aus der Krise sieht der ÖZIV Tirol vor allem auch seine persönlichen Beratungs- und Unterstützungsangebote als besonders wichtig an.
Obwohl es in der 60-jährigen Geschichte des ÖZIV Tirol einmalig ist, dass so viele Veranstaltungen seiner acht Bezirksvereine und Treffen zum persönlichen Austausch abgesagt werden mussten. „Viele unserer über 2.000 Mitglieder vermissen diese Zusammenkünfte sehr“, weiß ÖZIV Tirol Obmann Michael Knaus. „Umso wichtiger, dass wir auch in diesen Zeiten in verschiedensten Formen, wie auch telefonisch und online, Hilfe anbieten können.“
Der ÖZIV Tirol bietet eine Sozial- und Rechtsberatung, Beratung zum Thema
umfassende Barrierefreiheit, einen Hilfsmittelverleih und mit ÖZIV SUPPORT auch eine Beratung und Coaching für Menschen mit Behinderungen im beruflichen Zusammenhang an.

PA Die Lange Zeit der Corona-Pandemie - Menschen mit Behinderungen auch weiterhin stark belastet